Es ist mal wieder soweit. Silvester (damit meine ich nicht Stallone) steht vor der Tür. Die Bäuche noch vollgeschlagen von den vergangenen Festtagen, schleicht «es» sich ein, verhasst aber erwartet: Das schlechte Gewissen! Wie klebriger, heisser Teer auf der Strasse macht es sich breit, um in uns zu wohnen, es sich gemütlich zu machen. Es gibt nur noch eine Möglichkeit, um nicht sein persönliches Waterloo erleben zu müssen: Die guten Vorsätze! Im neuen Jahr wird alles anders, besser, positiver. Abnehmen, ein Kinderspiel, man muss nur wollen. Sport treiben, nichts leichter als das, man muss sich bloss aufraffen. Gleichzeitig könnte man ja auch noch – so nebenbei – mit dem Rauchen aufhören, ein Klacks, schliesslich ist Rauchen eine Frage der Intelligenz, nicht wahr? Mit den besten Gedanken für das neue Jahr sagen wir dem schlechten Gewissen den Kampf an. Nicht fehlen darf das Verkünden am Stammtisch bei Kollegen und bei den «guete Rutsch»-Wünschen am Handy über die grossen Vorhaben, bei Freunden und Familie, so ist das Ganze auch richtig zementiert und Kneifen geht dann nicht mehr.
Neujahr. Es wurde ja nochmals tüchtig gefeiert. Der Schampus floss in Strömen, die Häppchen türmten sich im weinenden Magen zu happigen Happen, der Schädel brummt, dem Klo geht die Arbeit auch nicht aus. Eigentlich müsste jetzt der Trainer angezogen werden, raus an die frische Luft, etwas joggen gehen, wie vorgenommen. Wäre da nicht der fiese Regen, der feuchte Nebel, der einem wohl rasch eine Erkältung bescheren könnte, das muss gut überlegt sein. Sport soll ja gesund sein, nicht krank machen. Der automatische Griff zur Zigarette folgt. Man wirft nicht einfach so eine teure, neu angefangene Zigarettenstange weg, natürlich das Aufhören trotzdem im Fokus. Eventuell. Morgen ist auch noch ein Tag. Das feine Fleisch im Kühlschrank mit den übriggebliebenen Nudeln und der Morchelsauce muss ebenfalls verwertet werden. Man schmeisst kein Essen weg, geht gar nicht. Beim Einkauf locken Lebensmittel, Schoggi usw. zum Halbpreis. Es gilt das Budget zu schonen, schliesslich haben die Festtage tief in die Brieftasche gegriffen.
Und so schmelzen die guten Vorsätze mit jedem neuen Tag dahin. So, wie Eis an der Sonne, das schlechte Gewissen löst sich auf wie polare Moleküle in polaren Lösungsmitteln (Grundsatz in der Chemie).