Formate ohne Format

In Zeiten von Corona zappe ich mich abends schon mal mehr durch die Fernsehprogramme. Bei den Angeboten diverser Privatsender bekommt der Ausdruck «Fernsehen macht dumm» meine vollumfängliche Zustimmung. Unzählige Formate, in denen sich Menschen für Geld «verkaufen», flimmern zur Hauptsendezeit über den Bildschirm. «Temptation Island» ist so ein Beispiel. Paare stellen sich der Herausforderung, ihre gegenseitige Treue zu testen. Dazu begeben sie sich auf eine traumhafte Insel und begegnen attraktiven Singlemännern bzw. Singledamen. Via Video erfährt der Partner oder die Partnerin, ob es zu einer Versuchung kam oder eben nicht. Reichliche Tränenflüsse wegen gebrochener Treueschwüre gepaart mit anschliessenden Trennungen werden dem Zuschauer direkt in die gemütliche Stube geliefert. Zuhause ist man froh, dass man nicht betroffen ist. «Promis unter Palmen» ist eine weitere beschämende Sendung, die effektiv während Wochen ihren festen Platz im Programm einnimmt. Stars stellen sich den idiotischsten Prüfungen, und versuchen am Ende ein Preisgeld abzuholen. Sie beschimpfen sich gegenseitig auf niedrigster Stufe und zeigen dabei auch ihren wahren Charakter. Übrigens frage ich mich: Welche Stars denn, welche Promis? Meist handelt es sich um Personen, deren Namen nur deshalb einige Male gehört oder geschrieben wurden, weil die sich durch sämtliche Trash-Formate durchhangeln und es zu bedauernswerter «Berühmtheit» bringen.

Wochen später erfolgt die «grosse» Aussprache unter den teilnehmenden Personen, die Stimmung schaukelt sich hoch, begleitet von erneuten, gegenseitigen verbalen Keulenschlägen tiefstem Niveau. Bei mir persönlich stellte sich Unbehagen und Fremdschämen ein. Was kann Menschen dazu bewegen, sich freiwillig aufs primitivste blosszustellen?. Wer schon möchte diesen vermeintlichen «Stars» je eine Chance geben, in ein ernsthaftes Projekt einsteigen zu können? Eben! Es bleibt wohl nichts weiter übrig als sich wiederum in irgendeiner Blödelsendung bis auf die Knochen zu blamieren und auf Plattformen wie Instagram & Co. mit einfältigen Posts gleichgesinnte Followers zu ergattern. «Prominenz» mit garantiert raschem Verfallsdatum.

Es stellt sich automatisch die Frage, weshalb sich die Produzenten solcher Trash- Formate hohe Einschaltquoten verzeichnen dürfen und ein Teil der Sendungen über mehrere Jahre «überleben»? Schauen wir gerne zu, wie es anderen schlecht geht? Treibt uns Schadenfreue oder Voyeurismus an? Es lässt sich kaum jemand finden, der/die offen zugibt, sich aufs Sofa zu kuscheln um sich grinsend, ja schadenfreudig eine der genannten Sendungen reinzuziehen. «Sicher nicht! Soweit kommt`s noch» lauten die beflissenen Antworten. Es schaut sowieso niemand fern, es gibt soviel Schlaueres zu tun. Ein Buch lesen, sich unterhalten usw., wird beteuert. Das mag sicherlich zu einem Teil wahr sein. Und doch: Es muss reichliches Interesse an diesen Formaten vorhanden sein. Kein TV-Sender hält an Programmen fest, die ihm schlechte Einschaltquoten einbringen. Ja, ich verfolge momentan wirklich hin und wieder eine dieser Sendungen. Wie hätte ich sonst an dieser Stelle in die Tasten greifen können? Es war eine Erfahrung, die Staunen erzeugt, was ein Mensch bereit ist zu tun, um dadurch vermeintliche Berühmtheit zu erlangen oder an Geld zu kommen. Einen redlichen Job wollen die nicht, dies wäre ja mit Arbeit verbunden.

Bleiben Sie gesund!